Vom Teilen – Gemeinsame Martinsfeier in Holzhausen

Vom Teilen – Gemeinsame Martinsfeier in Holzhausen

Am Samstag, 11. November gab es nach drei Jahren Corona-Pause wieder eine gemeinsame Martinsfeier in Holzhausen. Pfarrgemeinderat, Freiwillige Feuerwehr, Musikapelle und Regens Wagner hatten sich zusammengetan und eine Martinsfeier vorbereitet mit allem, was dazugehört. Es scheint, ganz Holzhausen hat sich darauf gefreut: Eine enorme Schar Kinder mit Eltern oder Großeltern fanden sich in unserer Kirche ein. Gleiches gilt für unsere Wohngruppen: Zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner wollten dabei sein, darunter auch die Kinder- und Jugendgruppe Lindenberger sowie die die Landsberger Wohnpflegegruppen Lotus und Montana.

Den Anfang der Feier machte eine kurze Andacht mit Diakon Thomas Knill in unserer Kirche, bei welcher ein Anspiel zur Geschichte von der Mantel-Teilung nicht fehlen durfte. Weiter ging es mit einem großen Laternen-Umzug durch das Dorf, angeführt durch „Sankt Martin“ hoch zu Ross. Ziel: das Feuerwehrhaus. Dort erwartete die Ankommenden – unter ihnen auch Bürgermeister Günter Först – ein wärmendes Feuer, im Feuerwehrhaus gab es gegen eine Spende Heißgetränke und Bratwurstsemmeln. Draußen wurden die gebackenen Martinsgänse verschenkt, die zuvor in der Andacht gesegnet worden waren. Martins- und Laternenlieder, gespielt von einer kleinen Abordnung der Musikkapelle Holzhausen, umrahmten die Feier vom Anfang bis zum Schluss. Lieblingslied der Kinder war unüberhörbar „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne …“ Und der meistgehörte Kommentar zur Veranstaltung lautete: „Schön war’s!

Einige weitere Fotos

finden Sie in der Fotostrecke hier auf unserer Website.

Mehr Eindrücke: Ein wunderbares Gemeinschafterlebnis

(von Anette Böckler)

Wer an diesem frühen Abend durch den Ort Holzhausen fährt, von Buchloe her kommend in Richtung Landsberg, der wundert sich: Was ist hier los? Das ganze Dorf scheint auf den Beinen zu sein, alles strömt in Richtung Regens Wagner. Viele junge Familien sind unterwegs, die Kinder halten Laternen in den Händen, kleinere Kinder werden im Kinderwagen gefahren, der mit Lichtern geschmückt ist. Vor dem Eingang ins Haupthaus von Regens Wagner Holzhausen parken Kinderwagen, Buggys und Bollerwagen – ein Fuhrpark der besonderen Art! Eine Frage wird an mich herangetragen: „Müssen wir hier rein? Wir sind zum ersten Mal hier …“ – „Ja“, nicke ich, „Sie sind vollkommen richtig: durch die Tür rein und dann die Treppe hoch in den 1. Stock!“

Es sind noch etwa 10 Minuten, bis die Andacht beginnt, doch die Kirche ist schon gut gefüllt. Ich staune unwillkürlich, dass es in dem kleinen Ort Holzhausen so viele Kinder gibt! Die meisten sind mit den Eltern da, manchmal sind aber auch Oma und Opa dabei. Und tatsächlich gibt es auch den Fall, dass Erwachsene ganz ohne Kinder kommen … vielleicht um noch einmal einen Hauch Kindheit zu erleben … vielleicht, weil sie die schönen Martins- und Laternenlieder gern wieder hören oder singen wollen, gerade nach der langen Corona-Pause.

Mitten unter die Gäste aus dem Ort mischen sich die „Magnusheimer“: Menschen mit Behinderung aus den Wohngruppen in Holzhausen oder von Außenwohngruppen. Die Kinder- und Jugendgruppe „Lindenberger“ ist da. Aus Landsberg sind die Gruppen Lotus und Montana mit zwei Bussen angereist. Sie kommen mit 14 Personen: fünf Mitarbeitende, eine ehrenamtliche Mitarbeiterin und acht Klientinnen und Klienten, davon sechs mit Rollstuhl. Alle freuen sich auf die Martinsfeier. Einzelne Klientinnen und Klienten haben Besuch von Angehörigen erhalten, die gemeinsam mit ihnen St. Martin feiern wollen. Und da beginnt auch schon die Andacht …

Eine kleine Gruppe der Musikkapelle Holzhausen macht den musikalischen Auftakt, bevor Diakon Thomas Knill die Anwesenden herzlich willkommen heißt, unter ihnen die stellvertretende Gesamtleiterin Simone Carl und Bürgermeister Günter Först mit Ehefrau und Enkelkind. Vor dem Altar ist ein großes Standbild aufgebaut. Es zeigt die Stadtansicht von Tours. Denn nun, so der Diakon, bekommen wir ein kleines Anspiel zu sehen, das eine Gruppe von Regens Wagner Holzhausen vorbereitet hat:

Es ist Nacht in der Stadt Tours, am dunkelblauen Himmel sind der Mond und Sterne zu sehen. Von der Kirchturmuhr schlägt es zehn Uhr. Wir hören die zehn Glockenschläge täuschend echt von einem Tamburin. Da zieht ein Soldat „hoch zu Ross“ – auf einem Steckenpferd – zusammen mit ein paar Kameraden in die Stadt ein, die Hufe der Pferde – klappernde Kokosnuss-Schalen – machen ein lautes Getöse. Der Soldat ist kein Geringerer als St. Martin. Er trägt einen weiten, roten Mantel, einen glänzenden Helm und ein scharfes Schwert. Ein Bettler kommt hinzu, der leider keinen warmen Mantel hat, sondern in Lumpen gehüllt ist. Überzeugend dargestellt, wimmert und zittert er vor Kälte. Zwischen ihm und St. Martin entspinnt sich ein Gespräch. Es zeigt sich, dass St. Martin Mitleid mit dem Bettler hat. Seine Kameraden finden das höchst unpassend und quittieren diese Reaktion mit größter Empörung (ein Kompliment an die Soldaten-Darstellerinnen, die lautstark und absolut entrüstet schimpfen!). Die Geschichte steuert nun auf einen ersten Höhepunkt hin: Als St. Martin seinen Mantel mit dem Schwert in zwei Hälften zerteilt, geht ein Raunen durch die gebannt zuschauende Menge. Der zweite Höhepunkt folgt, nachdem St. Martin sein Nachtlager bezogen hat. Im Traum erscheint ihm nämlich Jesus mit den Worten: „So wie du dem Bettler geholfen hast, hast du auch mir geholfen.“

Großer Applaus belohnt die ansprechende Darstellung. Mit zwei Strophen aus dem Martinslied „Sankt Martin, Sankt Martin, Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind …“ wird die gezeigte Geschichte singend wiederholt und ins Gedächtnis geschrieben.

Dem Diakon bleibt nun, die Brücke ins Heute und Jetzt zu schlagen und dies so, dass möglichst alle Anwesenden etwas damit anfangen können. Er wählt dafür den Weg, Fragen an die Anwesenden zu richten, und hofft nicht vergeblich auf Antworten. Ein lebhafter Dialog hat folgende Botschaft zum Ergebnis:

1. Jeder kann etwas teilen. Da gibt es vieles: Martinsgänse, Geld, Spielzeug, Zeit …
2. Jesus freut sich, wenn wir das freiwillig tun und nicht erst dazu aufgefordert werden müssen.
3. Teilen heißt nicht, ALLES herzugeben, was man hat – sondern eben einen Teil davon.
4. Wenn wir etwas hergeben, dann wollen wir keine Gegengabe dafür erbitten oder erwarten.

„Ein bisschen so wie Martin möchte ich manchmal sein“, singen wir zur Antwort. In dem Lied von Elke Bräuning heißt es, dass wir an andere denken und ihnen gelegentlich etwas schenken wollen; dass wir bereit sind zu teilen und zu helfen.

Bevor sich die Kirche leert, werden noch die Martinsgänse gesegnet, die heuer von Mitgliedern der Pfarrei Holzhausen gebacken wurden. Eine ganze Reihe Körbe mit diesem typischen Gebäck stehen vorn im Altarraum. „Warum Gänse, warum keine Fische?“, fragt der Diakon. Auch auf diese Frage erhält er eine Antwort aus den Reihen der Anwesenden: St. Martin sollte zum Bischof geweiht werden, aber er war so bescheiden, dass er sich damit gar nicht wohl fühlte, und da versteckte er sich in einem Gänsestall. Die Gänse aber, die waren darüber so aufgeregt, dass sie laut schnatterten, wie es Gänse eben tun – und ihn dadurch verrieten. So wurde er Bischof von Tours, und das war für die Menschen damals ein großes Glück!

Die Körbe mit den gesegneten Gänsen werden draußen wieder in die Bollerwagen verfrachtet und ziehen zusammen mit all den Kindern und Erwachsenen durch das Dorf bis zum Feuerwehrhaus. Ein langer, langer Zug formt sich. Er wird angeführt von einem „St. Martin“ hoch zu Ross. Ihm folgen Große und Kleine, es rollen Kinderwagen neben Rollstühlen und Bollerwagen. Laternen leuchten in allen Größen, Formen und Farben. Ganz vielen sieht man an, dass beim Basteln Kinderhände am Werk waren. Die Gruppe der Musikkapelle begleitet den Zug und spielt erneut Martins- und Laternenlieder.

Schließlich verheißt der Geruch von Feuer: Jetzt sind wir bald da! Am Feuerwehrhaus wartet schon ein loderndes Feuer auf die Ankommenden. Die Musikkapelle spielt beim Eintreffen „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne“. Wie auf Kommando stimmen alle mit ein, am kräftigsten klingt es aus den Kinderkehlen – das Lied kennt ein jeder! Wir stehen nun noch eine Weile um das Feuer beisammen, plaudern oder lauschen der Musik. Die Martinsgänse werden verschenkt und von den Kindern wie Trophäen geschätzt. Stolz sind sie auch auf ihre Laternen, und wenn sie dafür gelobt werden, strahlen sie selbst genauso hell wie diese. Drinnen im Feuerwehrhaus gibt es gegen eine Spende Glühwein, Punsch und Bratwurstsemmeln. „St. Martin“ auf seinem Pferd steht etwas am Rande und schaut ruhig dem Treiben zu. Immer wieder kommt jemand vorbei, Kinder dürfen das Pferd streicheln.

Auf dem Weg durch die Reihen und später auf dem Nachhauseweg höre ich von allen Seiten einhellige Kommentare: „Es ist schön!“ – „Wirklich ein schönes Fest!“ – „War schön, gell? – Ja!“ Dem schließe ich mich selber im Brustton der Überzeugung an: „Ein schönes, so schönes Fest!“