Am 25. März 2022 wurde das Amt der Gesamtleitung von Regens Wagner Holzhausen von Frau Gabriele Kirschner auf Herrn Matthias Albrecht übertragen. Gabriele Kirschner begann am 1. September 1995 als Bereichsleiterin im Heilpädagogischen Heim für Kinder und Jugendliche, übernahm am 1. Januar 2000 die Aufgabe der stellvertretenden Gesamtleitung und zum 1. September 2021 die der kommissarischen Gesamtleitung. Zum 1. April 2022 scheidet sie in die Freistellungsphase der Altersteilzeit aus.
Die Stabübergabe fand in Anwesenheit von rund 30 Gästen im Rahmen eines Gottesdienstes mit anschließendem Festakt in der wunderschön dekorierten Kirche des Magnusheims statt. Aufgrund der hohen Corona-Infektionszahlen musste auf eine groß angelegte Feier mit vielen Gästen, ausgedehnten Programmpunkten sowie einen gemütlichen Teil zum gegenseitigen Austausch verzichtet werden. Umso intensiver gestalteten sich die inhaltlichen Elemente, die von der stellvertretenden Gesamtleiterin Simone Carl anmoderiert und gekonnt miteinander verknüpft wurden.
Bereits im Gottesdienst mit Diakon Thomas Knill und Pfarrer Rainer Remmele spielten „Meilensteine“ eine wichtige Rolle. Sie stehen dafür, dass Gabriele Kirschner durch ihr prägendes Wirken viele Meilensteine auf ihrem Weg bei Regens Wagner Holzhausen gesetzt und die Steigerung des Wohlbefindens für Menschen mit Behinderung sowie deren Förderung entscheidend vorangetrieben hat. Dafür dankte ihr die Stiftungsratsvorsitzende Schwester Gerda Friedel bei der Stabübergabe mit den Worten: „Danke für alles Wirken, alles Engagement und alles Herzblut.“ Den neuen Gesamtleiter Matthias Albrecht, der mittlerweile schon einen guten Einblick gewonnen habe, „welche bunte, herausfordernde und anspruchsvolle Aufgabe“ auf ihn wartet, hieß sie in seinem Amt herzlich willkommen. Dieser bedankte sich für die gute Aufnahme. Er hoffe sich schnell einzuarbeiten, um gemeinsam mit den Bereichsleitungen und allen Mitarbeitenden Menschen mit Behinderung zu begleiten.
Im Festakt wurden mit mehreren kurzen Beiträgen die Verdienste von Gabriele Kirschner gewürdigt und eine Reihe der von ihr gesetzten Meilensteine aufgezeigt, aber auch ihre menschlichen Qualitäten wurden reflektiert und teils humorvoll auf die Schippe genommen. Am Ende stand ein riesengroßes Dankeschön.
Im Weiteren können Sie gerne Teile der Feier in ausführlicheren Texten und/oder Bildern nacherleben.
Blättern Sie hier in unserem Fotoalbum!
Programmablauf
Auftakt und Begrüßung
Eröffnung des Gottesdienstes
Lesung
Ansprache
Stabübergabe
Fürbitten
Grußworte
Würdigung und Beiträge
Geschenkübergaben
Persönliche Worte Gabi Kirschner
Persönliche Worte Matthias Albrecht
Meldung im Landsberger Tagblatt
Orgel: Marianne Lösch
Musik-Trio: Veronika Hermes (Querflöte), Selma Wörle (Geige), Robert Scholz (Gitarre)
Wer am 25. März 2022 das Haupthaus von Regens Wagner Holzhausen betritt, dem fallen die wunderschönen Dekorationen sofort ins Auge. Sie alle haben dasselbe Thema: „Weg“. Vor dem Haupteingang, in den Ecken der Flure, auf dem Treppenaufgang – überall finden sich Arrangements mit Wegen, Steinen, Wegweisern, Blumen am Wegesrand. Kein Zweifel: Die Mitarbeiterinnen der Hauswirtschaft, die das alles vorbereitet haben, haben sich diesmal selbst übertroffen!
Auch die Kirche, wo die Feier stattfinden wird, ist aufwändig dekoriert. Gleich beim Eingang zeigt ein Wegweiser nach vorn zum Alter, blumengeschmückte Spruchkärtchen heißen die Gäste in den Bankreihen willkommen. Vorn im Altarraum ergießt sich ein Weg mit mehreren Stationen über die Stufen. Beim näheren Betrachten entdeckt man auf dem Weg ein Fahrzeug, am Wegesrand eine große Pilgermuschel, weiter oben eine Brücke und ganz oben eine Ruhebank unter einem Wegweiser.
Das Musik-Trio ist bereits eingetroffen und spielt die Stücke nochmals durch, die nachher für kurze musikalische Intermezzi sorgen werden, zwischendrin üben einzelne Bereichsleiterinnen ihren Einsatz bei verschiedenen Beiträgen. Ein Verwaltungskollege schleppt Kisten mit Frühlingsblumen an und schaut sich nach einem guten Platz dafür um.
Es herrscht eine wohlige, unaufgeregte Geschäftigkeit. Während die Vorbereitungen in den letzten Tagen durchaus spannend waren und coronabedingte Ausfälle manches Umplanen erforderten, geht jetzt alles seinen Gang. Gott sei Dank!
Und dann ist es so weit: 10 Uhr. Die Veranstaltung zur Stabübergabe bei Regens Wagner Holzhausen von Gabriele Kirschner an Matthias Albrecht beginnt.
Die stellvertretende Gesamtleiterin Simone Carl begrüßt die Anwesenden, die coronakonform über den gesamten Kirchenraum verteilt sind. Man hätte gerne viel mehr Gäste eingeladen, führt sie aus, doch dies sei wegen der Corona-Pandemie nicht zu verantworten, denn das Infektionsgeschehen im Haus verlange auch zum jetzigen Zeitpunkt nach größter Vorsicht. So findet die Stabübergabe im kleinen Rahmen statt, vor nur 30 Gästen, die aber umso herzlicher willkommen geheißen werden: die Vertreterinnen und Vertreter von Stiftungsrat und Stiftungsvorstand, von Bewohnervertretung, Werkstattrat und Mitarbeitervertretung, die Bereichsleitungen bei Regens Wagner Holzhausen, die Pressevertreterin und natürlich die beiden Hauptpersonen.
Nach guter Regens-Wagner-Tradition enden die Begrüßungsworte mit dem Aufruf: „Lassen Sie uns mit einem Gottesdienst beginnen!“, der das Pult freigibt für Pfarrer Rainer Remmele, den geistlichen Direktor der Regens-Wagner-Stiftungen. Gemeinsam mit Diakon Thomas Knill wird er den Gottesdienst abhalten.
Pfarrer Rainer Remmele steigt mit nachspürenden Gedanken in den Gottesdienst ein, die den Anwesenden helfen sollen, sich für die Feier zu öffnen. Dafür greift er den Ausspruch von Regens Wagner auf, den sich Gabriele Kirschner als Leitmotiv für diesen Tag ausgesucht hat: „Führe uns so, allweiser Gott, dass jeder von uns sagen kann am Abend: Ich habe gelebt!“
Was ist „Leben“? Je nach den Lebensumständen heißt es für den einen: Alles läuft ruhig und nach Plan, der andere sagt: Leben ist Abwechslung, Abenteuer! Die eine sieht das Leben einfarbig, Ton in Ton – die andere braucht es quietschbunt und kontrastreich. Für den einen ist das Leben Pflicht, für den anderen Kür, für die eine ist es Last, für die andere Freude und Vergnügen. Der eine suchte den Schutz und die Geborgenheit, der andere will sich verausgaben, seine Berufung leben und sich – notfalls über die eigene Kraft hinaus – für eine bessere Welt einsetzen. Und wahrscheinlich liegt weder die eine noch die andere ganz richtig, weil sich die Wahrheit wie so oft in der Mitte findet:
Das Leben ist Pflicht UND Kür, Eigenliebe UND Nächstenliebe, Alltag UND Festtag, Eintönigkeit UND Buntheit, Ruhe UND Abenteuer. Eines aber, betont Remmele, gilt immer und für jede und jeden: Das Leben liegt immer vor mir! Ich darf und muss vom Leben etwas erwarten.
Die alttestamentliche Lesung kommt aus dem Buch Genesis, Diakon Thomas Knill trägt sie vor:
„Jakob zog aus Beerscheba weg und ging nach Haran. Er kam an einen bestimmten Ort, wo er übernachtete, denn die Sonne war untergegangen. Er nahm einen von den Steinen dieses Ortes, legte ihn unter seinen Kopf und schlief dort ein. Da hatte er einen Traum: Er sah eine Treppe, die auf der Erde stand und bis zum Himmel reichte. Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder. Und siehe, der Herr stand oben und sprach: Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Deine Nachkommen werden zahlreich sein wie der Staub auf der Erde. Du wirst dich unaufhaltsam ausbreiten nach Westen und Osten, nach Norden und Süden und durch dich und deine Nachkommen werden alle Geschlechter der Erde Segen erlangen. Ich bin mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst.“
Genesis 28,10-15
Direktor Remmele baut seine Ansprache auf Jakobs Erlebnis mit der Himmelsleiter auf. Es sei eine Geschichte, die er sehr liebe:
Jakob ist auf der Flucht vor seiner Vergangenheit, die ihn daran hindert, in die Zukunft zu schauen. Müde sinkt er zu Boden und ist so erschöpft, dass er nach dem nächstbesten Stein greift und ihn zu seinem Kopfkissen macht. Während er schläft, öffnet sich der Himmel. Gott erschließt einen Weg vom Himmel zur Erde, er spricht zu Jakob und schenkt ihm Befreiung von seiner Vergangenheit.
Ein sensationelles Erlebnis für den erledigten Jakob! Ein Erlebnis, das er nie wieder vergessen will, woran er sich auch noch nach Jahren erinnern will. Darum kennzeichnet er diesen Ort, indem er seinen Kopfkissen-Stein dort wie ein Denkmal aufstellt und mit Öl übergießt. So wird der Ort zum gesalbten Ort. Wann immer er als Nomade wieder hier vorbeikommt, will er sich vergegenwärtigen: Hier haben sich Himmel und Erde berührt!
Wir alle brauchen Orte und Begebenheiten, bei denen wir erleben, dass Gott da ist, mitten in allem, was auf der Welt los ist. Es sind Orte, die nicht vergessen werden dürfen, die uns heilig sein müssen.
Gesalbte Orte gibt es im Leben eines jeden Menschen, wie wir beim Blick zurück auf den Lebensweg feststellen werden: Da gibt es Meilensteine, die herausragen. Etwa einmalige Momente oder wegweisende Begegnungen, die dazu führen, dass alles in einem anderen Licht erscheint. Manche Meilensteine gehören in die Kategorie „Das erste Mal“. Schöne Erlebnisse – etwa das erste Mal auf einer Bühne stehen, das erste Bad im Meer, das erste selbstverdiente Geld – gehören ebenso dazu wie traurige: das erste Mal dem Tod begegnen, das erste Mal ganz alleine dastehen. Andere Meilensteine sind vom Typ „Das letzte Mal“. Viele Beispiele lassen sich hier aufzählen, am heutigen Tag heißt es: Zum letzten Mal eine Tür aufsperren, zum letzten Mal durch vertraute Gänge gehen. Wieder andere Meilensteine beschreiben Entwicklungsprozesse, zum Beispiel wenn Beziehungen wachsen und ich erleben darf, dass durch mich ein Mensch seinen Weg ins Leben findet. Oder wenn ich über ein Buch oder Lied eine neue Perspektive gewinne und anders weiterlebe als zuvor. Selbst ein Blick auf den Sternenhimmel, auf einen glitzernden Tautropfen oder ein Kastanienblatt, das sich entfaltet, kann zum Meilenstein in meinem Leben werden.
Das Leben von Gabriele Kirschner, führt Direktor Remmele aus, verzeichne im Zusammenhang mit Regens Wagner Holzhausen eine ganze Reihe von Meilensteinen. Der erste sei 1995 entstanden, als sie vom Jugendamt zu Regens Wagner Holzhausen wechselte und damit bereit war, Verantwortung zu übernehmen und an vielen Entwicklungen mitzuwirken. Als Erziehungsleiterin, stellvertretende Gesamtleiterin und zuletzt kommissarische Gesamtleiterin habe sie viele Meilensteine gesetzt – Baumaßnahmen, Gruppengründungen, Umzüge, Projekte … – und Spuren hinterlassen, die im Qualitätshandbuch festgeschrieben sind. Dafür, so Direktor Remmele, spreche er ihr persönlich und im Namen von Regens Wagner allerhöchsten Dank aus.
Meilensteine, fährt er fort und wendet sich nun dem neuen Gesamtleiter zu, dürfen aber nicht zu Mühlsteinen werden, die jemanden festhalten und an neuen Wegen hindern. Meilensteine fordern vielmehr auf, Abgeschlossenes loszulassen und weiterzugehen. Bei Matthias Albrecht könne man dies gut sehen. Er habe das eine Kapitel abgeschlossen und nun ein neues Kapitel aufgeschlagen.
Sein Wunsch für beide sei, dass sie sich Zeit nehmen für ihre persönlichen Meilensteine, sie dankbar betrachten und dann wieder loslassen. Dass sie sich darauf besinnen: Das Leben liegt vor ihnen, es erwartet sie mit dem, was es in petto hat, Gutem wie Schwerem. Unverbrüchlich sei dabei eines: Der Himmel steht offen in allen Phasen des Lebens, Gott bleibt immer dabei und das Ziel ist ein Leben in Fülle.
Beim Vorstellungsgespräch habe er sich kompetent und charmant gezeigt, so beginnt die Stiftungsratsvorsitzende Schwester Gerda Friedel den offiziellen Teil der Stabübergabe, und hat damit die Schmunzler auf ihrer Seite. Mit dieser „kompetenten und charmanten“ Art muss Matthias Albrecht wohl überzeugt haben, denn der Stiftungsrat hat sich entschieden, ihn in den Dienst zu beauftragen und ihm die Gesamtleitung für Regens Wagner Holzhausen zu übertragen.
Schwester Gerda Friedel führt aus: Dass bunte, herausfordernde und anspruchsvolle Aufgaben auf ihn warten, das habe er in den zurückliegenden Wochen der Einarbeitung sicher bereits erfahren. Es werden weitere Wochen folgen, in denen es sich in den vielseitigen Dienst einzuarbeiten gelte. Diese möge er trotz der coronabedingten Einschränkungen als besondere Zeit erfahren, im Sinne des bekannten Gedichts „Stufen“ von Hermann Hesse, in dem es heißt:
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“
Für die neue Aufgabe, in der Leiten, Führen und Dienen gefordert sei, wünscht sie dem neuen Gesamtleiter alles Gute. Diesen Wunsch materialisiert sich in einem handtellergroßen Tau-Zeichen aus Holz, das stets an Gottes Zusage und Hilfe erinnern soll. Das Tau, so Schwester Gerda Friedel, sei das weltweite Erkennungszeichen der Franziskanerinnen, die sich – ebenso wie Regens Johann Evangelist Wagner – in die Nachfolge des heiligen Franziskus gestellt haben. Damit stehen sie für die Achtung und den Schutz der gesamten Schöpfung. Dies habe sich auch Regens Wagner Holzhausen auf die Fahnen geschrieben, die inklusive Arbeit mit Menschen mit Behinderung und die Bioland-Betriebe bezeugen es. Somit solle das Tau-Zeichen diese Ausrichtung immer in den Fokus rücken und Wegweisung sein.
Die Stiftungsratsvorsitzende hat drei solcher Tau-Zeichen mitgebracht. Es sind handgefertigte Unikate aus Dillinger Mooreiche, 7000, ja vielleicht gar 10.000 Jahre alt. Matthias Albrecht wählt sich eines davon aus – Schwester Gerda macht ihn darauf aufmerksam, dass die Schleifspuren auf dem Tau durchaus an Schleifspuren in einem Menschenleben erinnern können! –, die beiden anderen sind für Gabriele Kirschner und Simone Carl.
Es folgen tief aus dem Herzen kommende Wünsche an die beiden Personen, die künftig die Geschicke von Regens Wagner Holzhausen lenken werden, Matthias Albrecht und Simone Carl: Dass es gelingen möge, alle Mitarbeitenden durch die eigenen Visionen und durch Wertschätzung zu begeistern und zu motivieren, und dass beide stets Menschen an der Seite haben ─ Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzte und Menschen mit Behinderung ─ , die sie wiederum sie begeistern und motivieren. Für ihr gemeinsames Wirken und Entscheiden mögen sie gesegnet sein.
Der Gaben ist mit dem Tau-Zeichen aber noch nicht genug. Zum einen erhalten Matthias Albrecht und Simone Carl die Zusage, dass die Schwestern sie im Gebet begleiten werden; zum anderen eine Flasche Frankenwein vom Weinberg der Dillinger Franziskanerinnen in Volkach, um damit zu Hause diesen Tag zu feiern, denn ohne die Rückenstärkung der Partnerin oder des Partners (wegen der Pandemie heute ferngeblieben) sei ein solcher Dienst kaum zu bewältigen.
Herzliche Worte richten sich nun an Gabriele Kirschner, die für die Stiftungsratsvorsitzende viele Jahre lang ein wichtiges Gegenüber war. Man habe zahlreiche Feste gemeinsam gefeiert, viel miteinander erlebt und durchgestanden. Dafür gelte es ein großes Vergelt’s Gott! auszusprechen: DANKE für alles Wirken, alles Engagement und alles Herzblut.
Zum Abschluss der Stabübergabe kommt noch einmal Hermann Hesse zum Zuge:
„Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“
Bei den Fürbitten erschließt sich nun der tiefere Sinn hinter der Dekoration auf den Altarstufen. Sie orientieren sich an Gabriele Kirschners Leidenschaften und Verdiensten, Diakon Thomas Knill trägt sie vor.
Der Straßen-Stein steht für die Bitte um gute und sichere Autofahrten, die immer wohlbehalten ans Ziel führen. Der Pilger-Stein drückt die Bitte aus um Momente, in denen sie Gottes Nähe im Herzen spüren möge. Der Brücken-Stein symbolisiert die vielen Brücken zwischen Betreuten, Wohngruppen, Mitarbeitenden, Dorf und Regens Wagner, die Gabriele Kirschner gepflegt oder neu gebaut hat. Diese mögen weiterhin Bestand haben. Der Edelstein reflektiert, dass sie Talente zum Leuchten gebracht hat, sodass Menschen spüren durften: Ich bin einmalig und wertvoll! Dieses Ziel möge auch in Zukunft verfolgt werden. Der letzte Stein schließlich ist ein Gedenkstein wie der Stein Jakobs. Daran knüpft sich die Bitte, dass Gabriele Kirschner dankbar an schöne Orte und Gelegenheiten zurückdenken kann und noch viele Orte finden möge, die gesalbt werden können.
In analoger Weise dienen die Steine auf dem Weg als Fürbitte-Inhalte für den neuen Gesamtleiter Matthias Albrecht und die stellvertretende Gesamtleiterin Simone Carl, bevor mit dem gemeinsam gebeteten Vaterunser, dem Segen für die drei Gesamtleitungen und dem letzten gesungenen Lied der Gottesdienst seinen Abschluss findet.
Cäcilia Felber macht den Anfang im kleinen Reigen der Grußworte. Sie spricht für die Bewohnervertretung und den Werkstattrat Holzhausen. In Gedichtform wünscht sie Gabriele Kirschner alles Gute, verbunden mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen, und heißt den neuen Gesamtleiter herzlich willkommen. Ein kurzer Gruß kommt auch vom Werkstattrat Buchloe, der mit den Worten endet: Man freue sich auf die gemeinsame Zeit und die Begegnungen in der Werkstatt!
Brigitte Seger als MAV-Vorsitzende verabschiedet sich mit einem Olivenbäumchen von der scheidenden kommissarischen Gesamtleiterin und begrüßt den neuen Gesamtleiter mit einem ebensolchen. Denn der Olivenbaum sei ein gutes Symbol für eine Zeit zwischen Abschied und Neubeginn – den beiden Phasen, zwischen denen sich das Leben abspielt. Die Anwesenden erfahren viel über den Olivenbaum, sein Holz, seine Früchte, sein Öl. Eine langsam wachsende, immergrüne Pflanze, die schon seit jeher die Menschheitsgeschichte begleitet. Ein Baum, an dem nichts gerade, vielmehr alles gewunden ist, der viel Sonne, Wärme und Licht braucht. Er liefert hartes, wertvolles Holz mit schöner Maserung, das allerdings schwer zu bearbeiten ist. Das Öl aus den Früchten ist kostbar und dient der Ernährung wie der Körperpflege. Als Sinnbild für Frieden und Versöhnung – Brigitte Seger ruft die Taube mit dem Ölbaumzweig in Erinnerung, die Noah das Ende der Überschwemmung anzeigte –, aber auch als Symbol für Weisheit, Ehre, Würde und Erfolg genießt der Olivenbaum hohes Ansehen.
Die MAV-Vorsitzende knüpft ihre Wünsche an Gabriele Kirschner und Matthias Albrecht an die beiden Olivenbäumchen, die sie als Geschenk überreicht: Erdung und Wurzelkraft auf der einen Seite, um allen Aufgaben gerecht zu werden; Äste, die in den Himmel wachsen, auf der anderen Seite, um offen zu sein für Neues und Weiterentwicklung.
Das letzte Grußwort ist dem Vorsitzenden des Vereins „Freunde und Förderer von Regens Wagner Holzhausen e.V.“ Ulrich Hauser vorbehalten. Da er nicht persönlich anwesend sein kann, wird es von Simone Carl vorgetragen. Im Namen des Fördervereins bedankt er sich für die Zusammenarbeit mit dem Wohnbereich, die seit Vereinsgründung gut funktioniert. Konkret benennt er die Gelegenheit, sich beim Sommerfest mit einem Stand vorstellen und um neue Mitglieder werben zu können, sowie die Kooperation bei allen Angeboten und Veranstaltungen des Vereins wie Fußballturnieren, Discos oder Kunstworkshops. Ein kurzer Dank im Namen des Behindertensportvereins Magnusheim e.V. schließt sich an: Dass 80 Bewohnerinnen und Bewohner regelmäßig Sport treiben, sei nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass sie in den Wohngruppen wieder und wieder motiviert werden.
Auf Grußworte weiterer Wegbegleiter, so die stellvertretende Gesamtleiterin Simone Carl, müsse aufgrund der Pandemie verzichtet werden. Aber …! Mit einem verschmitzten Lächeln zieht sie ein großes, dickes Buch hervor: Aber in diesem Fotoalbum seien Grüße gesammelt worden, viele Menschen, die Gabriele Kirschner auf ihrem Weg bei Regens Wagner Holzhausen begleitet haben, hätten sich hierin verewigt. „Vorsicht!“, warnt sie bei der Übergabe des Albums: „Es ist schwer. Doch keine schwere Kost!“
Eine Viertelstunde Zeit hat Corona dem Haus Regens Wagner Holzhausen zugebilligt, um die Verdienste von Gabriele Kirschner vor allem in ihrer Funktion als stellvertretende Gesamtleiterin zu würdigen. Wie soll in einer Viertelstunde sämtliches Wirken in über 26 Jahren ausgebreitet werden! Ein Ding der Unmöglichkeit.
Dennoch: Anhand vieler Bilder werden 17 Meilensteine vorgestellt, die Gabriele Kirschner gesetzt hat. Die meisten davon vereinen mehrere gleichartige Inhalte in sich. Vorgetragen von den beiden Bereichsleiterinnen Maria Altaner und Barbara Schneider werden in der Würdigung zahlreiche Erinnerungen heraufbeschworen. Man sieht Gabriele Kirschner nicken: Ja, so war es! Etwa als es um die Herausforderungen geht, die der Umbau des Heilpädagogischen Heims für Kinder und Jugendliche mit sich gebracht hat: vorübergehende „Ausquartierungen“ von Wohngruppen und HPT-Gruppen nach Bad Wörishofen, ins Kloster Wessobrunn, in den Pfarrhof Holzhausen – welch ein logistischer Aufwand! Oder bei dem Foto eines Wohnhauses in Lengenfeld: Hier entstand 2002 die erste Wohngruppe für Menschen mit Autismus. Ein leises Lachen ist zu hören, als Barbara Schneider vorträgt: „,Das war ein spannendes Projekt‘, urteilt der Gruppenleiter im Nachhinein, ,denn niemand wusste, wie das Zusammenleben von Menschen mit Autismus funktionieren würde, aber wir probierten es aus.‘“
In den zugebilligten 15 Minuten breiten sich geballt die verschiedenen Schwerpunkte in Gabriele Kirschners umfassendem Aufgabenfeld aus. Einen davon stellt die Weiterentwicklung von Wohnformen, Wohnmodellen und Wohnkonzepten dar. Genannt werden der Ausbau der Außenwohngruppen, das Trainingswohnen, das Ambulant Begleitete Wohnen, das Wohnen für junge Erwachsene, inklusives Wohnen, therapeutische Wohngruppen. Ein weiterer großer Bereich ist das Thema Neubauten. Mehrere Meilensteine sprechen „ganz nebenbei“ davon, dass eine Gruppe in einem Neubau in Landsberg oder Buchloe eröffnet werden konnte. Ein einziges Wort – „Neubau“ –, das längst nicht wiedergeben kann, was an Denkarbeit, Planungsaufgaben und Entscheidungen darin steckt! Hinzu kommen Verhandlungen mit Behörden und Firmen sowie die Bewältigung immer neuer Herausforderungen – als Stichworte seien hier beispielhaft genannt: Entgeltvereinbarungen, Persönliches Budget, Pflegewohnqualitätsgesetz, Bundesteilhabegesetz und die x. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Schließlich werden auch weitere Funktionen wie die Spendenakquise oder das Engagement in der Seelsorge angerissen, die unter „Sonstiges“ rangieren und nichtsdestotrotz viel Zeit und Kraft in Anspruch nehmen.
Während sich Meilenstein um Meilenstein aneinanderreiht, wird klar: Mit Gabriele Kirschner hatte Regens Wagner Holzhausen eine Führungskraft, die sich aktiv, energisch und streitbar, kreativ, visionär und humorvoll für die Belange von Menschen mit Behinderung eingesetzt hat. Die ein großes Herz hat für die Menschen, für die sie verantwortlich war. Die wie eine Löwin für die Umsetzung eines Vorhabens kämpfte, das sie richtig erkannt hatte – und „richtig“ war alles, was den Menschen guttut. So ist es ihr gelungen, die Steigerung des Wohlbefindens für Menschen mit Behinderung und deren Förderung entscheidend voranzutreiben. Für all dies darf sie nun den Dank von ganz Regens Wagner Holzhausen entgegennehmen.
Um Gabriele Kirschner als Kollegin und als Mensch geht es in einem Video, das die Gesamtleitungen der anderen Regens-Wagner-Zentren mit großem Aufwand zusammengestellt haben. Normalerweise würden diese bei einer solchen Veranstaltung „stimmgewaltig und mit Gitarre und Bass bewaffnet die Bühne stürmen“, erläutert Simone Carl in ihrer Moderation, aber es gehe auch so: „Film ab!“ Zwei alte Schlager dienen als Vorlage des heiteren und sehr herzlichen Beitrags, der liebevoll persönliche Leidenschaften auf die Schippe nimmt und mit den Worten endet: „Wir gönnen dir dein neues Glück. Vergiss uns nie!“
Daran anschließend verabschieden sich die Bereichsleiterinnen für das Wohnen in Gedichtform von ihrer Chefin, die sie als „Allgäuer Frauenpower mit italienischem Temperament“ charakterisieren. Noch einmal werden Stärken der scheidenden Gesamtleiterin aufgezeigt: Sie kenne alle Menschen mit Behinderung und deren Lebensgeschichte und habe immer ein offenes Ohr für ihre Mitarbeitenden. Sie habe stets Ziele und Visionen gehabt. An jedem Heiligabend sei sie im Haus gewesen, habe den Gottesdienst besucht und den Bewohnerinnen und Bewohnern ein frohes Weihnachtsfest gewünscht. Dafür gelte ihr großer Dank.
An einem Tag wie diesem geht es freilich nicht ohne Geschenke! Diese sammeln sich seit Beginn der Veranstaltung auf den Bänken neben Gabriele Kirschner, Matthias Albrecht und Simone Carl: Dort liegen bereits die Tau-Zeichen von Schwester Gerda Friedel, die Regens-Wagner-Bibel und eine Kerze vom Stiftungsvorstand sowie das Ölbäumchen der MAV-Vorsitzenden Brigitte Seger. Gabriele Kirschner hat von Direktor Remmele als Abschiedsgeschenk einen individuellen Cartoon von Erik Liebermann erhalten. Blumen und lukullische Gaben aus den eigenen Bioland-Betrieben für alle drei warten noch vor der Sakristei, sie sollen nach Ende der Feier übergeben werden.
Jetzt aber ist es den Bereichsleitungen von Regens Wagner Holzhausen ein Anliegen, sich mit einem Geschenk von Gabriele Kirschner zu verabschieden und Matthias Albrecht mit einer Aufmerksamkeit willkommen zu heißen.
„Miteinander gehen, zueinander stehn“, zitiert Simone Carl das vorhin gesungene Lied, „ist ein passender Blick in die Vergangenheit, aber auch ein guter Vorsatz für die Zukunft“. Wie gemacht für Gabriele Kirschner, die schon viele Pilgerwege gegangen ist und noch gehen will! Dafür bekommt sie einen Pilgerkorb überreicht, der gefüllt ist mit allerlei, was die Pilgerin gut gebrauchen kann: Pflaster für müde Füße, Sonnencreme zum Schutz für die Haut und ein Umschlag mit einem „Beitrag für das eine oder andere warme, gemütliche Bett und stärkenden Proviant“.
Für den neuen Gesamtleiter Matthias Albrecht ist „gehen“ nicht das aktuelle Thema. Für ihn heißt es „bleiben“ und „heimisch werden“. Dafür sichern ihm Förderstättenleiterin Simone Kögl und Verwaltungsleiterin Corinna Voglmeier im Namen aller Bereichsleitungen ganze Unterstützung zu. Sie haben dem neuen Chef eine Wanddeko für sein Büro gebastelt, die nicht nur als Schmuck dient, sondern ihm auch gute Wünsche und Ratschläge übermittelt, auf die er bei Bedarf zurückgreifen möge: Gelassenheit, Weitsicht, Geduld, Fehlerfreundlichkeit, Zuversicht, Lachen und Leben sowie guten Schlaf.
Sehr gefasst, sehr ruhig, sehr intensiv, sehr bewegt … all das trifft zu auf die persönlichen Worte, mit denen sich Gabriele Kirschner verabschiedet. Ihrer gut vorbereiteten kleinen Rede schickt sie einen spontanen Dank für die schöne Feier voraus, der ihr eine ebensolche Herzensangelegenheit ist, wie es dem Vorbereitungsteam eine Herzensangelegenheit war, die Feier auszurichten.
Alle, die Gabriele Kirschner kennengelernt haben, wissen, dass sie immer einen ausgewählten Text mitbringt. So ist es auch heute. Ihre Wahl ist auf „Dann und wann das Tempo verlangsamen“ von Max Feigenwinter gefallen. Es tue gut, ab und zu einfach mal anzuhalten. Dann nämlich könne man erst wahrnehmen, womit man es zu hat, was einen bewegt, wo man Kraft und Freude findet und wo man gefährdet ist. Und man könne sich korrigieren und neu ausrichten.
Mit ihrem ruhigen, langsamen Vortrag lässt sie den Zuhörenden den nötigen Raum, damit die Worte einsinken können. Im Prinzip muss sie gar nicht mehr aussprechen, was sie auf dem Herzen hat: Dass für sie nun die Zeit gekommen ist, das Tempo „dann und wann zu verlangsamen“ und Auf Wiedersehen zu sagen, vor allem aber Danke zu sagen. Es tut dennoch allen gut, es ausgesprochen zu hören:
„Herzlichen Dank Ihnen allen für die gute, bewegte und erfahrungsreiche Zeit und für so viele Jahre des gemeinsamen Weges. Herzlichen Dank Ihnen allen für Ihren Einsatz, Ihr Engagement, für Ihre Leidenschaft zur Arbeit und zum Beruf – was heißt, für Menschen mit Behinderung dazu sein, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Herzlichen Dank für Ihr Mittragen und Mitsorgen, für Ihre Tränen, für Ihr Lachen, für Ihr Vertrauen. Herzlichen Dank für Ihre Treue zu Regens Wagner Holzhausen und für so vieles mehr.“
Riesengroßer Applaus ist die Anwort der die Anwesenden auf die Rede Gabriele Kirschners, die mit guten Wünschen endet und der Versicherung, sie werde gern an die Zeit bei Regens Wagner Holzhausen zurückdenken. Zum Abschied hat sie Blumengrüße für alle mitgebracht: Vergissmeinnicht und Bellis stehen beim Ausgang zum Mitnehmen bereit. Ihren Nachfolgern im Amt der Gesamtleitung überreicht sie Narzissen, die aus einem „Ei“ herauswachsen – dem Symbol für das Leben.
Leicht hat er es nicht, der neue Gesamtleiter Matthias Albrecht, dem, was bisher gesagt wurde, noch etwas hinzuzufügen. „Was kann ich noch beitragen?“, lautet demgemäß sein erster Satz, mit einem netten Lächeln vorgebracht. Und er fährt fort: „Danke – was für ein Erlebnis!“ Anstatt auf die vorbereiteten Worte zurückzugreifen, improvisiert er humorvoll und sympathisch: Was ihn heute erwartet, davon hätte er keine Vorstellung gehabt. Das sei allerdings nicht seine Schuld, denn man habe ihm lediglich verraten, dass er eine kurze Rede vorbereiten soll und dass es „irgendwie um Meilensteine“ gehen werde. Alles andere: tiefste Geheimniskrämerei!
Dann aber greift er doch zurück auf das, was er vorbereitet hat. Und siehe da, er hat genau das Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse ausgewählt, aus dem bereits Schwester Gerda Friedel in der Stabübergabe zitiert hat. Die Anwesenden, die das Gedicht nun von Anfang an zu hören bekommen, schmunzeln und werten es als Zeichen guten Zusammenpassens!
„Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“
Bereit sein zum Abschied und zum Neubeginn seien wichtige Elemente unseres Lebens, so Matthias Albrecht. Er habe gelernt, dass es wichtig ist, auf die innere Stimme zu hören. So habe er den Neubeginn hier bei Regens Wagner Holzhausen gewagt. Denn nur wenn wir mutig sind, die eigene Erfahrungsschwelle zu überschreiten, können wir Neues erleben. Er wünsche sich, dass er von dem Zauber, der jedem Anfang innewohnt, noch lange zehren und frohen Herzens weitergehen kann.
„Danke für den herzlichen Empfang“, kommt er zum Ende seiner Ansprache, „ich spüre den Zauber schon jetzt.“ Mit klaren Worten bringt er auf den Punkt, worum es ihm geht: sich schnell einarbeiten, um gemeinsam mit den Bereichsleitungen und allen Mitarbeitenden Menschen mit Behinderung zu begleiten. Dabei wolle er helfen und unterstützen und mutig von Stufe zu Stufe, von Meilenstein zu Meilenstein gehen.
Der Applaus lässt keinen Zweifel daran: Regens Wagner Holzhausen freut sich auf die Zusammenarbeit.
Hier können Sie den Beitrag zur Veranstaltung nachlesen, der am 4. April 2022 im Landsberger Tagblatt erschienen ist:
Ein Meilenstein für Regens Wagner Holzhausen
Mit freundlicher Genehmigung des Landsberger Tagblatts