„Mittendrin statt nur dabei“ – Segnung der Förderstätte Landsberg

„Mittendrin statt nur dabei“ – Segnung der Förderstätte Landsberg

Eine Stunde vor Beginn. Noch ist es ruhig in der Förderstätte im Forum Landsberg. Doch alles ist bereit für das große Ereignis: Stehtische überall, mit Frühlingsblumen geschmückt. „Das haben die Beschäftigten selbst gemacht“, verrät uns die Hauswirtschaftsleiterin. Auf einer langen Tafel im Flur steht der Sekt bereit, daneben wartet der Kaffee auf die ersten Gäste. In der Küche sind Tische für das Buffet aufgestellt – bestimmt werden sie bis nach dem Festakt und der Segnung mit allerhand Leckereien beladen sein. Wenn man sich umschaut, stellt man fest: Es sind große, helle Räume, die mit Farben lebendig gemacht wurden. Grün dominiert, das macht Hoffnung auf Frühling!

Bevor es ernst wird

Die Mitarbeiter und die Beschäftigten der Förderstätte haben sich im großen Raum eingefunden. Dieser Raum wurde zum Veranstaltungsraum erkoren. Hier liegt bereits deutlich wahrnehmbare Aufregung in der Luft. Und hier duftet es angenehm nach Zitronen und anderen Citrusfrüchten. „Das gibt ein Gefühl von Frische, wenn jetzt gleich so viele Leute kommen“, erklärt uns ein Mitarbeiter. Ja, die Gäste sollen sich wohlfühlen. Aber auch die Menschen, die hier miteinander ihren Alltag verbringen. Das ist deutlich zu spüren. Lässt man den Blick durch den Raum wandern, bleibt er unwillkürlich an den Fotos hängen: Hier werden die Beschäftigten gezeigt zusammen mit den Aufgaben, für die sie zuständig sind: Stühle hochstellen, Essenwagen holen, Blumen gießen … So ahnt man schon ein klein wenig vom Alltag in der Förderstätte Gruppe 10 und 11. Das Zauberwort heißt wohl: Miteinander! Gemeinsam packen wir es an, gemeinsam schaffen wir es.

Bald füllen sich die Räume, die Gäste treffen ein. Eingeladen wurden alle, die in besonderer Weise zum Gelingen des Projektes „Förderstätte Forum“ beigetragen haben. Natürlich auch alle Nachbarn im Forum. Daneben die Bereichsleitungen von Regens Wagner Holzhausen, die Vorstandschaft des Fördervereins, die Mitglieder des Beirats, die Schwestern aus dem Holzhauser Konvent und die Mitarbeitervertretung MAV. Manch einer musste kurzfristig noch absagen, weil ihn die anhaltende Erkrankungswelle ereilt hatte, dennoch füllt sich der Raum bis auf den letzten Platz, es werden schnell noch ein paar weitere Stühle hereingeholt. Und dann beginnt der Festakt … bei weit geöffnetem Fenster, an diesem Tag auch im übertragenen Sinne.

Der große Augenblick ist gekommen

Den Anfang macht ruhige, meditative Musik (Näheres hierzu siehe unten) von drei hinreißenden jungen Damen, die im Verlauf der Veranstaltung mit ihren vielseitigen, höchst versierten Darbietungen noch öfter einen Gegenpol zum gesprochenen Wort setzen. Damit erreichen sie alle Anwesenden, wie die wunderbare Ruhe während ihrer Vorträge zeigt.

Gesamtleiter Ulrich Hauser

begrüßt die Anwesenden und skizziert in aller Kürze die Entwicklung der Förderstätte bei Regens Wagner Holzhausen. Er erläutert, weshalb eine Erweiterung erforderlich wurde, und führt aus, dass man hierfür nach Landsberg gehen wollte – und zwar bewusst in ein Wohngebiet, also dorthin, wo Leben ist. Um diesen Schritt zu realisieren, so Hauser weiter, war Regens Wagner Holzhausen freilich auf das Mittun und Unterstützen von verschiedener Seite angewiesen. Da ist die Sparkasse Landsberg zu nennen, die die Räumlichkeiten anbot. Da ist der Bezirk Oberbayern zu nennen, der das Projekt genehmigt hat, auch wenn derzeit nur zwei Gruppen geführt werden. Und da ist die Stadt Landsberg zu nennen, die ganz entschieden formulierte: Ja, Menschen mit Behinderung sind hier willkommen! Ihnen allen gilt ein großes Dankeschön. Und auch dem Architekten, der „aus einem ehemaligen China-Restaurant diese Förderstätte gezaubert“ hat.

Karin Rötzer

als Leiterin der Förderstätte füllt in einer engagierten, von Herzen kommenden Rede den für manchen Anwesenden vielleicht leeren Begriff „Förderstätte“ mit Leben. Welche Arbeit geschieht hier? Welche Überlegungen standen im Raum, als der Umzug geplant wurde? Mit welchen Schwierigkeiten war zu kämpfen? Und wie ging das alles aus? Deutlich wird dreierlei.

Zum Einen: Das Ergebnis, das heute zu bestaunen ist, ist nicht das Werk von Einzelnen, sondern hier haben viele zusammengewirkt – auch die Mitarbeiter und die Beschäftigten, die nach Möglichkeit in Entscheidungsprozesse einbezogen wurden. Zum Zweiten: Es lassen sich positive Entwicklungen feststellen – sicherlich auch ein Resultat aus den neuen Aufgaben in einem neuen Umfeld, „das mehr Selbständigkeit erfordert und mehr Außenkontakte ermöglicht“.

Und zum Dritten: Ein gutes Miteinander zwischen der Förderstätte und den Nachbarn im Forum liegt Regens Wagner sehr am Herzen. So endet Rötzer mit einem kleinen Plädoyer: „Wir hoffen sehr, dass sich in der kommenden Zeit viele Möglichkeiten des gegenseitigen Kennenlernens bieten und dadurch eventuelle Unsicherheiten abgebaut werden. Sie werden sehen und erfahren, dass unsere Beschäftigten in der Regel dazu in der Lage sind, ihrer Umgebung mit einem großen Vertrauensvorschuss und vorurteilsfrei zu begegnen. Daraus resultieren häufig bereichernde Begegnungen. Lassen Sie uns das heute schon bei dieser Feier erfahrbar werden!“ (Die ganze Rede ist unten nachzulesen.)

Bezirksrat Josef Loy

gratuliert Regens Wagner zu dem Entschluss, das Wagnis auf sich zu nehmen und sich noch einmal zu öffnen für Menschen mit mehrfacher Behinderung. Wunderbar sei, dass diese Arbeit hier im Forum stattfinden kann, „mittendrin“ im Leben. Loy scheut sich auch nicht, selbst „mittendrin“ zu sein – er steht neben dem Pult, seine Worte richten sich vielfach gezielt an die Menschen im Rollstuhl zu seiner Linken. Regens Wagner, so sagt er, sei „nah dran“ an den Menschen mit Behinderung, die auch „immer eng eingebunden“ sind, wenn es um Veranstaltungen geht. So wie heute.

Ein weiteres herzliches Grußwort

kommt von Bürgermeisterin Doris Baumgartl. Das Regens-Wagner-Motto „Ich finde meinen Weg“ könne man auch ummünzen auf die Stiftung, die zunehmend ihren Weg in die Stadt Landsberg findet. Als jüngster Bereich – nach Wohngruppen, dem CAP-Markt und dem Ausbildungsbereich – nun eben die Förderstätte. Hier können Menschen mit schwerer Behinderung gefordert und gefördert sein, um etwas Nützliches zu leisten und sich als Teil der Gesellschaft wahrzunehmen. Dazu wünsche sie viel Glück und alles Gute „und wenn’s mal nicht so klappt die Kraft, es immer wieder neu zu probieren.“

Die Räume werden gesegnet

Direktor Rainer Remmele und Pfarrer Detlev Möller von der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Landsberg nehmen gemeinsam die Segnung der Räume und der darin vorgesehenen Kreuze vor. Im Gebet dankt Pfarrer Möller für den wunderschönen Tag mit Sonnenschein und blauem Himmel, für die wundervolle Musik, für die Gemeinschaft und dass hier an diesem Ort Gottes Liebe spürbar wird.  Pfarrer Remmele hat als Ausgangspunkt seiner Ansprache die Geschichte von Zachäus ausgesucht, die bestimmt jeder kennt. Drei Dinge, sagt er, kann sie uns heute mit auf den Weg geben:

Erstens: So wie Jesus sich bei Zachäus einlädt, so kann er sich heute oder morgen auch hier in den Münchener Straße einladen und sagen: Darf ich ausruhen bei euch? Darf ich mit euch das Leben teilen? Er möchte nämlich Gemeinschaft mit uns haben. Da ist wichtig, dass wir ihn einlassen. Die Kreuze erinnern uns daran, dass Jesus bei uns sein will. Zweitens: Die Menschen mit Behinderung, die die Förderstätte besuchen, sind Gäste hier in Landsberg. Wenn sie fragen: Darf ich hier zu Gast sein?, könnte es sein, dass Jesus selbst es ist, der um Einlass bittet. Es ist die große Herausforderung für die Bürger Landsbergs, in ihnen Jesus Christus zu sehen und den behinderten Menschen so zu begegnen, als sei es Jesus. Beim Einkaufen, beim Aussteigen aus dem Bus, beim Besuch im Park …

Drittens: Die Begegnung mit Jesus verändert Zachäus. Plötzlich wird aus dem knauserigen Betrüger ein großherziger Mann. Auch die Landsberger Bürger werden sich verändern, wenn sie sich auf das Miteinander mit den Beschäftigten der Förderstätte einlassen. Es wird etwas Neues, Großartiges geschehen. Jesus sagt zu Zachäus: Heute ist deinem Haus Heil geschehen! Vielleicht wird man eines Tages sagen: Seit die Förderstätte hier im Forum ist, ist Landsberg Heil geschehen. Zum Beispiel in Form von Wachstum, Reifen, neuen Werten. Diese neuen Werte könnten sein: Entschleunigung. Freude. Das Bewusstsein, im Jetzt zu leben, denn Gefühle finden im Jetzt statt und können nicht vertagt werden.

In einer gemeinsamen Aktion von Beschäftigten, Mitarbeitern und Pfarrern werden die Fürbitten dargebracht und abschließend nach einem gemeinsamen Vaterunser die Kreuze und der Raum gesegnet.

Austausch und Wohlfühlen

Danach besteht reichlich Gelegenheit zum Austausch und zum Kennenlernen. Die Küche des Magnusheims hat mit leckeren warmen Häppchen und süßen Naschereien einen geeigneten Wohlfühl-Rahmen geschaffen. Einige der Nachbarn aus dem Forum sind hier und nutzen die Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen. Draußen stellt sich heraus, dass der eine Nachbar sogar für zwei Stunden die Geschäftsstelle geschlossen hat, um dabei sein zu können. Mittendrin eben.

Regens Wagner Holzhausen sagt Danke!

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